Auch nach langjähriger Praxiserfahrung kommt ein Phänomen immer wieder zum Vorschein. Bei aller analytischer Beschäftigung mit Kunden sowie Zielgruppen, können viele verantwortliche Personen in Vertrieb, Marketing und Service den Idealkunden nicht/ kaum beschreiben. Das hat unterschiedliche Ursachen.
Zum einen wird offensichtlich diese Frage selten gestellt und somit wenig Gedanken für eine Antwort investiert. Zum anderen weiß man stellenweise doch noch recht wenig über die eigenen Kunden bzw. die Frage „Warum kauft ein Kunden?“ und „Warum hat man als Anbieter überhaupt eine Daseinsberechtigung?“ Darüber hinaus erstrecken sich leider Beschreibungsversuche des Kunden oft nur in beobachtbaren, soziodemographischen Attributen, die nur bedingt einen Schritt weiterhelfen. Die entscheidenden Kaufmotive sind manchmal nicht in der Tiefe bekannt und nur rudimentär beschreibbar. Interessant ist zudem, dass das sowohl für B2C aber vor allem auch B2B gilt. Es gilt auch für etablierte Unternehmen sowie Start-Ups.
Ein Idealkunde kann der ertragreiche Kunde sein, kann die strategischen Produkte oder Cash Cows in Anspruch nehmen, ist über Jahre hinweg sehr loyal, verursacht nur wenige Aufwand, bringt nach der 80-20-Regel den Löwenanteil am Umsatz, hilft mir die innovativen Angebote in den Markt zu bringen, ist in neuen Märkten (Geographie, Zielgruppen, …) unterwegs, in den man einsteigen möchte. Gerade die letzten Aspekten zeigen, dass der Idealkunde möglicherweise der Kunde von morgen ist. Welcher Fokus der richtige ist, hängt von der Strategie des Unternehmens ab. Da gibt es kein richtig oder falsch.
Nun stellt sich auch die Frage, was soll das und warum ist diese Erkenntnis notwendig. Nur wenn ich weiß, wer für mich als Unternehmen gut ist, kann ich meine Strategie daran ausrichten. Dann kann ich gezielt mehr von diesem Typ gewinnen oder dafür sorgen, dass genau dieser Kundentyp möglichst nicht abwandert. Ich kann die Angebote der Zukunft an seinen heutigen/ zukünftigen Bedürfnissen ausrichten. Es erlaubt gezielt zu analysieren, welche Alternativangebote heute/ morgen von Wettbewerbern und Marktakteuren, die heute noch nicht als Wettbewerb gesehen werden, auf ihn wirken und somit das Wettbewerbsumfeld bestimmen. Ein Idealkunden kann z.B. auch in 2-3 Kundentypen beschrieben werden, um Differenzierung zuzulassen.
Das führt zu der nächsten spannenden Frage: Wer ist denn der Nicht-Idealkunde oder der nicht gewollte Kunde? Es gibt Kunden, die man nicht haben kann oder man nicht haben möchte. Entweder weil das Angebot (im Gegensatz zu einem Wettbewerber) nicht geeignet ist oder dieser Kundentyp z.B. zu viel Aufwand verursacht. Es kann sein, dass dieser Kundentyp zwar einmal kauft, aber nicht wiederkauft oder nicht zum loyalen Kunden wird und somit über die Zeit kaum profitabel werden kann. Es hilft manchmal eben beim Identifizieren des Idealkunden erst zu verstehen, wer denn der Nicht-Kunde ist. Durch Abgrenzung kann man leichter die Eingrenzung bestimmen.
Die saubere Formulierung und Beschreibung des Idealkunden oder Lieblingskunden klingen im ersten Moment recht einfach, ist aber für viele Anbieter dann doch nicht so einfach. Diese Übung hilft jedoch einen gewaltigen Schritt nach vorne und schafft eine zwingende Klarheit, die erfolgskritisch ist.
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